Freitag, 16. Juni 2006

Galaxien und Lichtjahre

Heute morgen, 10.30 Uhr: Mein erster Einsatz als Protokollschreiberin bei einem Dressurturnier (Klasse M). Bis zu dieser Uhrzeit wusste ich nicht genau, was ich übehaupt zu tun habe. Doch der Bogen, den man mir in die Hand drückte, brachte schnell Licht ins Dunkel. Zuhören und mitschreiben - nun, das ist mein Beruf, insofern atmete ich tief durch und spitzte die Öhrchen. Die Richterin hätte eine typischere Vertreterin der Reiterinnen-Zunft kaum sein können. Ungefragt präsentierte sie mir Fotos ihrer jungen Jack-Russel-Hündin (welche Rasse auch sonst...), die sie in ihrer vermutlich sündhaft teuren und mit Volblütern bestickten Handtasche aufbewahrte; sie plauderte von ihren Erlebnissen in ihrem Luxemburger Golf-Club und dass sie eher auf Hitze eingestellt sei, da sie ja das halbe Jahr in Protugal lebe. Ach ja, und ich solle ihr bei den Bewertungen bloß nicht dazwischen plappern oder gar Fragen stellen.
Nein, tat ich nicht. Wie gesagt, Ohren spitzen und schreiben ist meine leichteste Übung. Und von Prüfung zu Prüfung wurde die Dame immer leutseliger und summte am Schluss sogar die dritte Wiederholung von "Can't stop loving you" in Orchesterversion mit. Ihr Schlusssatz zu mir: "Ich hab sehr gerne mit Ihnen gearbeitet, Sie strahlen so eine innere Ruhe aus." Ich musste lachen und sagte artig, es sei auch meinerseits ein Vergnügen gewesen. War es auch. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite - - oh weh. Wieviele Galaxien und Lichtjahre ich noch von solch reiterlichen Künsten, wie sie dargeboten wurden, entfernt bin, frustriert doch ungemein.
Reiten ist sicherlich nicht mehr der versnobte Luxussport wie einst. Doch wenn man etwas reißen will, braucht man einen Sponsor. Ich müsste mindestens drei Mal pro Woche trainieren und am besten wärs, ich würde das immer auf dem gleichen Gaul tun. Und am allerbesten, es wäre meiner. Und wann soll ich denn dann arbeiten? Mein Geld verdienen? Da ich eine 60- bis 70-Stunden-Woche habe, müsste ich mindestens auf 20 Stunden verzichten. Undenkbar!
Andere Frage: Wie kann ich Mammutjäger vermitteln, dass es sich lohnt, meine Reiterei zu sponsern? Mit sexuellen Belohnungen - nun, das wird schwierig, denn manche Sättel lassen jegliche Erotik im Nu ersterben. Und zwar für mindestens zwei Tage. Er würde schlichtweg den Zusammenhang nicht verstehen zwischen Reitstunde und körperlicher Glückseligkeit, da zu viel Zeit dazwischen liegt!
Andererseits - - wenn ich mir das Publikum auf solchen Turnieren anschaue, wundert es mich nicht, dass ich immer alleine rumstehe. Ich passe in eine ganze Menge an Gesellschaften und Gruppen nicht hinein und in diese wohl am allerwenigsten.
Ein schaler Trost. Nun kann ich mich aber sowieso nicht recht entscheiden, ob ich lieber Springen oder Dressur reiten würde (oder vielleicht Distanz? Vielseitigkeit?), und diese Zeit zum Überlegen sollte ich nutzen, um mir Gedanken um ein solides Sponsoring zu machen.

Vielleicht schreibe ich ja auch einfach einen Bestseller und werde schweineberühmt.

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

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