Montag, 26. Juni 2006

Revanche

Höhlenregeln für Mammutjäger:

1. Bitte frag mich morgens nicht, wie mein Tag aussehen wird. Wenn ich es wüsste, wäre ich längst eine gut verdienende Wahrsagerin. Frag einfach gleich, ob ich den Hund übernehmen kann oder nicht.

2. Kümmelbrot ist eine feine Sache. Inzwischen aber könnten wir mit den herunterfallenden Kümmelsamen deines geliebten Kümmelbrotes problemlos eine Kümmelfarm bewirtschaften, wenn wir denn das entsprechende Land dafür hätten. Es gibt auch noch Mohn- und Sesambrötchen, Croissants, Hörnchen....

3. Wenn du möchtest, dass ich deine Klamotten in die Waschmaschine schmeiße, dann lege sie bitte nicht auf oder neben, sondern IN den Wäschekorb. Sollte dir der Wäschekorb dafür zu voll sein, dann setze dich doch bitte mal mit dieser wundersamen Maschine in dem bösen, dunklen Raum namens Abstellkammer auseinander. Du baust Großillusionen, dann wirst du wohl eine banale Waschmaschine bedienen können!

4. Deine Faszination für Müll kann ich nicht teilen. Daher fällt mir schwer, zu begreifen, warum du gerne mit dem vollen Biomülleimer Brötchen holen gehst und mit dem leeren Eimer und der Brötchentüte in einer Hand zurück kommst, den Biomülleimer mit Zeitung auslegst und mir dann ein Brötchen aufschneidest. Pfui!

5. Bitte versuche dir nach deinem Biomüll-Happening die Hände zu waschen. Solltest du es ausnahmsweise einmal tun (auf mein Drängen hin), dann benimm dich doch bitte nicht so, als handele es sich um hochätzende Salzsäure. Wasser ist etwas Schönes! Und der Ursprung allen Lebens. Man kann ruhig die ganzen Hände darunter halten.

6. Der Hundenapf hat auf der Arbeitsfläche nichts verloren. Schon gar nicht, wenn ich sie gerade geputzt habe. Zwei Meter weiter steht der Katzentisch. Auf dem wird KEIN Menschenessen zubereitet. Diese zwei Meter werden auch deine alten Beine noch zurück legen können, wenn du dem Hund Fressi machst.

7. Es ist völlig sinnfrei, nach Feierabend den Fernseher anzumachen, das langweiligste aller langweiligen Programme auszuwählen, laut zu stellen und sich dann mit dem Rücken zum Fernseher stundenlang an den Computer zu setzen.

8. Es ist nicht gesund, sich nach dem Joggen das T-shirt auszuziehen und seinen klammen Astralkörper in der Zugluft trocknen zu lassen.

9. Ich schlafe äußerst ungern im Licht der Straßenlaterne. Diesen Kompromiss bin ich unserer Harmonie zuliebe eingegangen. Das heißt aber nicht, dass du morgens um fünf beim ersten Sonnenlicht die Jalousien komplett hochfahren und das Elend neben dir (mich) grell beleuchten lassen solltest. Ich träume dann immer, ich sei blind. Außerdem macht es mich nicht schöner.

10. Bitte keine übertriebene Fröhlichkeit oder lautes Reden vor 11 Uhr morgens.

11. Ich schätze deinen Sinn für moderne, amerikanische Kunst. Eine Plastik des großen Erdbebens von LA in Form einer knallbunten, auf mich zustürzenden Küche an der Schlafzimmerwand jedoch stört meinen Tiefschlaf erheblich.

12. Frag mich sonntags nicht, was wir beide denn mit dem Tag anfangen werden. Ich weiß, du meinst das gut, aber es verwirrt mich. Sag doch einfach, dass du Boot fahren gehen willst. In 99 Prozent der Fälle werde ich mich anschließen.

13. Lass verdammt noch mal nicht mehr so oft deinen Tresor offen stehen, wenn du Überweisungen machst. Irgendwann bediene ich mich daraus.

14. Frag mich nicht mehr, warum zwei Sahnepäckchen angebrochen sind. ICH WEISS ES NICHT!

15. Frag mich ebenso wenig, warum gewisse Dinge in gewissen Ecken rumstehen oder liegen, wo sie nicht hingehören. Auch das kann ich meistens nicht beantworten.

Anti-Werbung

Während ich gestern Vormittag auf der Yves-Klein-Vernissage weilte, um anschließend meine Eindrücke in die Tasten zu hauen, widmete sich Mammutjäger einer Höhlen-Grundreinigung.
Ich fand ihn nach meinem Kunstausflug in reinlichster Umgebung und emsig tippend am Computer vor. "Was machst du da?", fragte ich. "Ich schreibe was auf", sagte er. "Was?" "Verhaltensregeln." "Für wen?" "Na, für dich..."

Okay, hier nun ein Auszug und etwas Anti-Werbung für mich als Höhlenmitbewohnerin:

"Überall, wo du dich niederlässt, entsteht in kürzester Zeit ein Chaos. Dein Nachttisch quillt über vor Büchern, leeren oder halbvollen Sprudelflaschen, Cremes und Tablettenpackungen."
Bücher? Können Bücher Unordnung sein? Das mit den Tabletten hatten wir hier schon mal - Antibabypille, Baldrian, Antiallergika - brauche ich alles! Labellos und Cremes - unverzichtbar!
Aber weiter im Text:

"Reitstiefel gehören nicht ins Bad und das Wohnzimmer ist kein Umkleideraum. Da haben Schuhe unterm Tisch gar nichts verloren. Jacken, Haargummis, Klämmerchen und Taschen sind dort auch fehl am Platz."
Ich finde, dass die Reitstiefel dem Bad einen apart-rustikalen Akzent geben. Ich gucke meine Reitstiefel immer gerne an. Oh, ich liebe sie! Haargummis und Klämmerchen müssen sowieso in jedem Zimmer sein. Jacken und Taschen - nun ja, ich gehe eben nach einem Termin zuerst ins Wohnzimmer, um die Tierchen zu begrüßen und dann... hm....tja...

"Thema Küche: Bevor du etwas kochst, wirf vorher mal einen Blick in den Kühlschrank, ob nicht schon eine Zutat angebrochen ist."
Ich nehme mal an, dass er damit auf meinen Rekord der angebrochenen Sahnepäckchen hinweist... *hüstel* Aber ich bin stolz, einen Mammutjäger zu haben, der in der Lage ist, einen korrekten Imperativ zu verwenden.

Auf die Erläuterungen folgen gestrenge Regeln.
"Bitte keine Schuhe und Jacken im Wohnzimmer ausuziehen, und wenn doch, dann in den leeren, dunklen, bösen Raum bringen, den man Diele nennt."
Hmpf. Der böse Raum...

"Nach einem TV-Abend alles, was auf dem Couchtisch steht, in die Küche bringen. Keine Flaschen auf dem Boden stehen lassen."
Ich sehe die Flaschen nicht, wenn ich müde bin!! Außerdem braucht man sie vielleicht am nächsten Tag wieder?

"Der Glastisch wird nicht als dauerhafte Ablage für Schmuck, Klämmerchen, Haargummis und Sonstiges benutzt."
Hab du mal so lange Haare wie ich!!! Wie gesagt, das ist eine Überlebensstrategie mit dem Verteilen der Klämmerchen!

"Thema Wasserflaschen: Eine sollte immer im Kühlschrank stehen, eine andere am Bett und eine in deinem Arbeitszimmer. Mehr aber auch nicht. Dieses Sammelsurium an Altglas, das du in allen Räumen aufkommen lässt, möchte ich nicht mehr sehen. Ist eine Flasche aufgebraucht, so tu sie doch bitte in den Kasten. Das kann so schwer nicht sein. Ich zeig dir auch, wo der Kasten zu finden ist."
Tja, das mit den Sprudelflaschen ist ein Familienproblem. Mein Vater hat einmal bei meinem Bruder unter dem Bett so viele leere und halbvolle Sprudelflaschen gefunden, dass er einen ganzen Kasten Leergut wegbringen konnte.
Bevor aber der Eindruck aufkommt, ich sei ein Messie: Im Moment befindet sich in diesem Zimmer genau eine Sprudelflasche, und im Schlafzimmer noch eine. Mammutjäger ist seeeehr ordnungsliebend. Eine mehr ist schon eine zu viel für seinen Geschmack.

Warum mir diese strenge Liste so viel bedeutet? Weil mein Vater als preußischer Pedant mir in meiner Jugend ungefähr sieben solcher Listen schrieb - natürlich weitgehend erfolglos. Aber in ganz ähnlichem Stil und mit ähnlicher Strenge.
Gegen Unordnung kann man was tun; ich aber bin zerstreut. Das hat bisher nie jemand verstanden. Ich hasse Chaos, aber wenn ich intellektuell arbeite, habe ich für nichts anderes mehr Sinn. Ich sehe es einfach nicht. Abends packt mich dann die große Ordnungswut, aber da ist der Zerstörungsgrad schon zu groß und meine Energie zu klein. Oh, es fällt mir so schwer, meine Gedanken zusammen zu halten!

Aber ich liebe diese Liste. Vielleicht habe ich sie auch unbewusst herausgefordert. Einen Hauch väterlicher Strenge eben. Und ich werde mein Bestes geben, um die Auflagen zu erfüllen. (Übrigens, auf meine Frage hin, was ich denn für das Einhalten der Regeln bekäme, sagte Mammutjäger knapp: "Bleiberecht.")
Nichtsdestotrotz muss es eine Revanche geben.

Denn wer glaubt, Mammutjäger sei der perfekte Höhlenbewohner - hohooo, weit gefehlt! Nimm dich in acht, Freund!

Unser Kämpfer

Einen zähen Burschen haben wir da... es ist kaum zu glauben, wie tapfer er ist und welche Energie noch in dem wolligen Körperchen steckt. Wir genießen dieses kleine tiermedizinische Wunder, ohne euphorisch zu werden. Den Lauf der Dinge werden wir nicht ändern können. Aber uns an dem Jetzt erfreuen.

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

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