Freitag, 17. Februar 2006

Qi Gong und Haustiere

Eine meiner für mich beklemmensten Eigenschaften ist meine Unverdrossenheit, was Neuanfänge betrifft. Dabei bin ich der Meinung, dass Neuanfänge eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist. Der Neuanfang ist die Geburt; alles andere höchstens eine Streckenvariante. Dennoch versuche ich immer wieder, meinem Leben neue Komponenten hinzuzufügen. Etwa, indem ich zum siebzehnten Mal beschließe, mit dem Joggen zu beginnen. Oder zum dreinundzwanzigsten Mal die Entscheidung treffe, künftig früher schlafen zu gehen. Oder endlich in Zukunft weniger sensibel zu sein. Nachahmern sei gleich der Wind aus den Segeln genommen: Es funktioniert nicht!
Das einzige, was ich spielerisch durchhalte, ist die Arbeit mit Pferden und das Reiten. Jahrelang durfte ich nur davon träumen, dann traute ich mich nicht mehr, bis ich in einer Krise wusste: Jetzt oder nie. Mit über 30 fing ich noch einmal damit an und muss mich niemals dazu zwingen oder überreden. Es ist eine echte Leidenschaft. Aber da ich weder einen Goldesel zu Hause noch ein eigenes Pferd, geschweige denn die Zeit dazu habe, ist das momentan nur ein Mal die Woche drin. Soll aber wieder mehr werden.
Und einmal die Woche etwas für die Gesundheit tun - das ist zu wenig. Ganz besonders angesichts meiner Zipperlein. Ich schäme mich fast, es zu schreiben, aber heute habe ich mit Qi Gong angefangen. Natürlich wieder einmal autodidaktisch. Ich hab einen Hang zum Fernöstlichen. War eine Zeit lang im Karateverein - ein wunderschöner Sport und nur zu empfehlen! -, hab immer wieder Yoga gemacht. Probiert. Ausgetestet. Aber ohne Regelmäßigkeit. Und Yoga funktioniert ohne Regelmäßigkeit nicht.
Nach dem Motto "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne" wollte ich es heute wieder einmal wissen und Qi Gong mit meiner Yoga-VHS kombinieren. Power Yoga mit Ursula Karven. Zweifellos eine gelungene Kassette. Aber um die Übungen so schön die diese verwirrend vitalen Menschen im Filmchen zu machen, fehlt mir hier die Mojave-Wüste. Auch diese Astralkörper von Männern, die das Kamasutra wahrscheinlich rauf und runter beten können und sich anmutig um die Karven gruppieren, würden vermutlich entscheidend zu meiner Motivation beitragen.
Aber immerhin habe ich den Blick aufs Wasser und einen warmen Fußboden. Aus den Erfahrungen mit Yoga und meiner alten Wohnung weiß ich: Auf einem kalten Fußboden kann man jegliche Tiefenspannung getrost vergessen. Klappt nicht.
Nun aber eigentlich beste Voraussetzungen: Mammutjäger aushäusig, kein Termindruck, warme Füße und auch die Tierchen schliefen tief und fest. Rambo hoch oben auf seinem Kratzbaum, das Hündchen auf seinem Kissen im Schlafzimmer.
Ich zog mir also meine Yogaklamotten über und verzog mich auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer. Gerade dachte ich bei der Qi-Gong-Übung "Ball" "Oh, das ist ja gar nicht so übel...", da drang das verräterische Geräusch von Krallenhorn auf Parkett in mein Ohr. Einmal behende samtig, und einmal schleifend senil. Rambo und Mogwai. Wumms, schob Moggi mit seinem Dickschädel die Tür auf und starrte mich verwundert an. Was macht Frauchen da nur? Warum guckt sie so ernst nach draußen? (Ich suche das Qi!) Geht sie jetzt Gassi mit mir? Warum hat sie dann keine Schuhe an? Passiert jetzt etwas? Gibt es Futter? Leckerli? (Nein!!)
Rambo hingegen begann mich zuerst penetrant zu bezirzen und strich um meine Beine. Oh, macht Frauchen jetzt wieder diese lustigen Übungen? (Anmerkung der Redaktion: Ich besitze auch ein Aerobic-Video...) Action? Als ich ihn stur ignorierte, sah er das als Anlass, das "Hui, ich werde von einem riesigen Tier gejagt"-Spiel zu starten und mit irrem Blick kreuz und quer durchs Wohnzimmer zu hetzen. Der Hund ließ sich vorwurfsvoll schnaufend neben dem Fernseher nieder, um mich weiterhin unverwandt anzustarren und sich alle paar Minuten lautstark freizuhusten. Kein angenehmes Gefühl. Es erübrigt sich wohl zu sagen, dass ich das Qi nicht gefunden habe.
Ich blieb dennoch stur und legte das Yoga-Video ein. So schnell wollte ich nicht aufgeben. Als ich mich mit zitternden Muskeln in der Kriegerstellung befand und in die nicht existente mojavische Wüstensonne blickte, setzte Rambo sich schnurrend auf meinen linken Fuß und rieb das Köpfchen an meiner Wade. Ich gab auf. Nicht, ohne zum Abschluss noch eine kleine Tiefenentspannungsphase einzuläuten.
Plötzlich herrschte verräterische Stille. Ich machte die Augen auf und konnte nicht glauben, was ich da sah. Rambo lag beneidenswert entspannt auf der Seite, alle Viere von sich gestreckt, und döste. Moggi war neben dem Fernseher in einen komatösen Schlaf gefallen. Na prima. Genau so hatte ich mir das vorgestellt. Völlige Ruhe und Gelassenheit. Aber eben bei mir und nicht bei den Tierchen...

Morgen ein zweiter Versuch...?

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

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