Montag, 30. Januar 2006

Pannen

12 Uhr, Pressekonferenz auf einem Bildungskongress - wichtige Leute und Schnittchen. Wie immer bin ich die einzige, die nichts isst, da ich das mühsame Zerteilen von Schinkenbrötchen mit den Schneidezähnen oder das Krümelrieseln von Croissants auf meine Kleidung einfach nicht mit seriösem Arbeiten und Repräsentieren verbinden kann. Andere gehen fast nur wegen der Schnittchen auf Pressekonferenzen.
Und andere wiederum, weil sie meinen, ungeheuer viel zu wissen und mit ihren Fragen wichtige Menschen aus der Fassung bringen zu können. Auch heute wieder - eine junge Frau, die wie ausgestopft auf ihrem Stuhl thronte und dachte, einen völlig abgebrühten Firmenboss (wenn er nicht abgebrüht wäre, wäre er kein Chef von einem Weltunternehmen) mit sinnfreien Fragen provozieren zu müssen. Erster Fehler aber: von sich behaupten, sich in gewissen Dingen sehr gut auszukennen und gleichzeitig in Form von nahezu peinlichen Fragen eindrucksvoll das Gegenteil zu beweisen. Ich kannte das Mädchen nicht, aber ich schämte mich ein wenig für sie. Sie fing tatsächlich ein piepsstimmiges Streitgespräch mit jenem Boss an und scheiterte kläglich - ohne es zu bemerken. Ich atmete innerlich auf, als der Leiter der PK sie nach endlos erscheinenden Minuten unterbrach und sagte: "Bitte keine Dialoge - aus Rücksicht auf Ihre Kollegen." Die grinsten derweil schon in sich hinein.
Mensch Mädchen - das war doch klar! Nur weil wir kommentieren dürfen, heißt das noch lange nicht, dass wir uns in dem Thema besser auskennen als die, die täglich damit zu tun haben. Oder es gar auf ein Streitgespräch ankommen lassen können.
Allergrößter Faux pas: Das Thema, über das sie mit ihm diskutieren wollte, war gar nicht Gegenstand des Kongresses. Au weia.
Warum denken so viele, dieser Pipi-Journalismus, den wir machen, hat was mit Rebellion zu tun? Er hat mit Information zu tun, nicht mehr und nicht weniger. Und wer gut informiert, kann unter Umständen Rebellionen auslösen.
Das heute aber war nicht Rebellion, das war eine Niederlage. Nix gut für den ohnehin und zu recht fragwürdigen und lädierten Berufsstand der Journalisten.

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

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