Freitag, 10. März 2006

Wie man Männer in den Wahnsinn treibt ;-)

Für Frauen, die ihre Männer auf möglichst unterschwellige Art und Weise in die Flucht treiben möchten (oder wahlweise in den Wahnsinn), empfehle ich die Strategie "Nachtgespräche". Diese Strategie wurde eigens von mir entwickelt und erprobt.
"Nachtgespräche" bedeutet nichts anderes, als zu warten, bis der Mann kurz vorm Einschlafen ist und ihn dann mit Fragen zu bombardieren, bis endlich eine sehr lange, sehr intensive Diskussion entsteht. Die Kunst ist es dabei, die Einstiegsfragen möglichst harmos und lieblich klingen zu lassen.
"Nachtgespräche" wirkt auch gut gegen männliches Schnarchen. Denn nach zehn Minuten Diskussion ist der müdeste Mann wach und diesen Moment kann Frau nutzen, ungestört einschlafen zu können.

Tipp 1: Thema Wünsche und Zukunft
"Wie würdest du eigentlich unsere gemeinsamen Kinder nennen?" Diese Frage setzt voraus, dass über Kinder bisher nie geredet wurde und nicht in die gemeinsame Lebensplanung passen. Dann ist sie endlos ausbaubar.
Abgeleitete Varianten: Findest du, wir sollten eine Hausgeburt machen? Was könnte ich zum Tauffest anziehen? Antiautoritär erziehen oder lieber Waldorfschule? Würde er selbst eigentlich lieber einen anderen Namen haben? Überhaupt, hatte er eine glückliche Kindheit? Würde er auch zu Hause bleiben und die Windeln wechseln? Ökowindeln oder Pampers? Sollte man nicht besser ein Kind adoptieren und wenn, aus welchem Land? Sind asiatische Kinder eigentlich pflegeleichter als afrikanische Kinder? Ob er etwa Vorurteile habe? Wie würde das denn in der Erziehung ankommen, wenn er sein Kind mit Vorurteilen erziehe?

Tipp 2: Thema Ängste.
"Was würdest du machen, wenn die Pest wieder ausbrechen würde?"
Abgeleitete Varianten: Würdest du mit mir fliehen? Wohin würden wir fliehen? Hättest du Angst? Glaubst du denn, die Pest kommt noch mal zu uns? Oder wird aus der Vogelgrippe die Pest? An dieser Stelle empfiehlt sich ein Exkurs ins Mittelalter, Schwerpunkt Hexenverbrennung und die allgemeine Stellung der Frau damals im Vergleich zu heute. Warum sehen eigentlich Männer in Frauen oft Hexen? Findest du, dass ich eine Hexe bin? Meinst du, ich wäre als Hexe verbrannt worden? Warum nicht!? Findest du mich etwa nicht sexy? Oder nicht mystisch genug? Hast du etwa Angst vor Hexen? Bei entsprechender psychologischer Vorbildung kann das Gespräch hier einen tiefenanalytische Wendung nehmen - sprich: Mit penetranten Fragen zum Verhältnis Mann-Mutter einen Ödipus-Komplex heraufbeschwören und in der Jugend des Mannes beharrlich nach Beweisen suchen.

Tipp 3: Thema Vorurteile
Einstiegsfrage: Warst du eigentlich jemals in einen Mann verliebt? Nicht wenigstens so ein bisschen? In deiner Jugend? So zusammen onaniert oder so? Nein? Hast du etwa Vorurteile gegen Schwule? Du hasst insgeheim Schwule, oder? Oder hast du etwa ein traumatisches Kindheitserlebnis gehabt, dass du mir nicht erzählen möchtest? (Spätestens jetzt den Liebsten sorgenvoll anschauen und ihm übers Haar streichen) Wie sollte man deiner Meinung nach mit Kinderschändern verfahren? Wenn Sie ihn so weit bekommen haben, dass er sich darauf einlässt, haben Sie eigentlich schon gewonnen. Das Thema Gerechtigkeit bietet einen wunderbaren Nährboden für Diskussionen über Vorurteile jeglicher Art. Springen Sie behende vom Thema Kinderschänder über den Kannibalen von Rothenburg bis hin zu Michael Jackson (Achtung: Vorurteile gegen Schwarze) und O.J. Simpson. Enden Sie mit der amerikanischen Anti-Abtreibungsbewegung und wenn Sie dann immer noch Lust haben, schließen sie mit: "Was würdest du eigentlich machen, wenn ich jetzt schwanger wäre?"

Tipp 4: Thema Hochzeitspläne
Einstiegsfrage: Wohin würdest du mit mir Hochzeitsreise machen? Varianten: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir auf einem Kreuzfahrtschiff in Seenot geraten? Dass ein Sturm kommt? Was ist, wenn mir dann dauernd schlecht ist? Wo sollte diese Kreuzfahrt denn stattfinden? Welche Krankheiten kann man sich da holen? Bekommt in Mexiko wirklich jeder Tourist Durchfall und warum? Würden wir gleich nach der Hochzeit wegfliegen? Welche Band würden wir bei der Hochzeit engagieren? Würdest du einen Junggesellenabend machen? Meinst du, deine Kumpel würden eine Stripperin bestellen? Kannst du dir nicht vorstellen, dass mich das verletzt? Wie ich mich dabei fühle, wenn ich dir am nächsten Tag das Ja-Wort gebe und weiß, dass so eine solariumsgebräunte Schlampe auf dir rumgerutscht ist? Was denkst du dir eigentlich dabei? Nichts, oder? Du würdest dich sicher nach der Hochzeit auch hängen lassen wie all die anderen Männer, oder? (Suchen Sie angestrengt nach Gründen, weshalb dies so eintreffen könnte).

Noch ein übergreifender Tipp zum Schluss: Sollte Ihr Liebster während der Diskussionen einnicken, wirkt ein impulsartiges Zupfen an den Haaren rund um seine Brustwarze Wunder. Alternative: An den Wimpern ziehen und mit ihnen die Augenlider hochschieben.

Lecker Kerle

"Men's Touch" bei QVC (ich gebe zu, ich entwickle ein leichtes Suchtverhalten - - aus rein journalistischem Interesse natürlich... ;-) ), sprich: Microfaser-Männerunterwäsche in 100 Prozent Synthetik. Nur sporadisch gereinigte Pipimänner fangen also rasch an zu müffeln, aber immerhin muss die Unterwäsche nicht gebügelt werden. Vor allem aber: Dehnbar und bis zu Größe 3XL vorrätig.
Frau Buschmann ist am Telefon. Während das männliche Modell einen Alptraum von Schlafanzug mit himmelschreiendem Schwarz-Weiß-Geometrie-Muster und schlecht sitzenden Shorts vorführt, schwärmt sie auf die Frage hin, wie ihr denn Men's Touch gefiele: "So sexy habe ich meinen Mann vorher noch nie gesehen."
Ich möchte mir nicht ausmalen, in welchem Nachtgewand Frau Buschmanns Gatte sich vor QVC ins gemeinsame Schlafgemach begeben hat.
Manchmal gerät auch meine Vorstellungskraft an ihre (Schmerz-)Grenzen.

Fürs Zwerchfell

Das hier hat zwar keine wirklich schöne Begleitmusik, lohnt sich aber dennoch...

Das Ende der Leidenschaft/III

Nach Karneval und allgemeiner Narretei ließen die Liebesgrußanzeigen leider schlagartig nach. Offensichtlich wurde mancher Blick schmerzhaft klar, nachdem der Alkoholnebel sich verflüchtigt hatte.
Nun aber sorgen bekannte und neue Liebende wieder für kuriose Stilblüten in der Tageszeitung.

Auf den ersten Blick amüsant, auf den zweiten Blick ein Stalker? Jedenfalls ist dieser Mann für süße Komplimente nun nicht mehr zu haben. Lieber versucht er mit Drohungen sein Eheglück zu erzwingen:

"Guten Morgen Sylvia, auch wenn Du es mal wieder nicht nötig gehalten hast zu kommen. Du wirst mich nicht mehr los. Irgendwann wirst du meine Frau! Das kannst du mir glauben. Liebe Grüße Bernd."
Damit fällt Bernd mindestens in die Kategorie "babbisches Gutzl", wie man in der Pfalz zu sagen pflegt.

In der wundersamen Welt der Metaphern hat sich Kuschelbär nun hoffnungslos verirrt und schreibt sich tapfer ins Nirgendwo:

"Hi, Trampelpfad. Hier legt jemand Stolpersteine. Am Dienstag warst du gemeint. Die Oase ist immer zu erreichen. Nun trau dich endlich. Benimm dich nicht so mädchenhaft. Du bist und bleibst meine schönste Melodie. Tausend Küsse Dein Kuschelbär."
Lieber Kuschelbär, meinst du nicht, es gibt schmeichelndere Kosenamen für eine Dame als "Trampelpfad"? Trampelt man denn auf einer "schönsten Melodie" herum?

Neues gibt es in unserer Kategorie "Herzelieb".

"Nur für dich, mein Herzlieb! Ich weiß nicht, ob ich gemeint war am 7.3. (ohne erkennbare Anrede). Ruf mich doch BITTE an, damit wir was vereinbaren können. (Wie war das mit dem Canossa-Gang?) In Liebe deine ....."
Hoffen wie also gemeinsam, dass Herzlieb seine Telefonphobie überwinden kann.

Mit einem Fuß im Grabe ist diese Geburtstagsanzeige für die 80-jährige Marianne - gut gemeint, aber doch sehr, sehr deprimierend für das arme Geburtstagskind:
"Volkswirtschaftlich hat das Leben zur Seniorin dich gemacht. Ein paar Tränen weint ein Auge, währenddem das andere lacht. Sturm und Drang vergangner Jahre sind inzwischen fast verpönt, auch wenn in so manchen Stunden dein Herz sich nach beidem sehnt. Doch die Zahl geschenkter Jahre - Lebensquell aus Lust und Leid - mündet in das stille Delta dankbarer Seniorenzeit. Gib dem Schiff der Lebensfreude handbreit Wasser unter dem Kiel. Setz Zufriedenheit als Segel, noch ein Weilchen - so Gott will."
Also, Marianne, mach noch mal ne Flasche Sekt auf, bevor es zu spät ist!

Sollte Tommasos spätere Ehefrau irgendwann einmal im Familienalbum auf diese Anzeige stoßen - falls sie zwischen Putzen, Kochen, Kinderpopos abputzen und Mann bedienen dazu kommt -, so steht seinen Eltern keine gute Zeit bevor. Sie schrieben heute nämlich:
"Lieber Tommaso! Herzlichen Glückwunsch zur Volljährigkeit! Bleib weiterhin bequem, leg die Beine hoch und lass dich bedienen. Stell die Musik in der Dusche auf volle Lautstärke und räume ja nichts auf. Kurzum - bleib so wie du bist! Wir haben dich lieb!"

Donnerstag, 9. März 2006

Es hätte so schön sein können...

Gestern wieder ein langer Recherchetag an einer Schule. Wie so oft in den vergangenen langen Wochen. Bisher stellte sich nach dem Verlassen des Schulgeländes oft Erleichterung ein. Nachts wanderte ich dann wieder suchend durch meine alten Schulen. Das Thema verfolgt mich. Gestern begriff ich langsam, warum. Warum ich so oft träume, noch einmal zur Schule zu gehen.

Denn dieses Gymnasium gestern machte Lust auf Schule. Es war sauber. Freundlich. Hell. Mitten in der Natur und doch nicht verloren. Die Atmosphäre war ruhig und freundlich. Beim Betrachten des Internats für die Hochbegabten und die sportlichen Ausnahmetalente stellte sich so etwas wie Sehnsucht ein. In meiner Jugend hätte ich zu manchen Zeiten ein Internat meinem Elternhaus vorgezogen. Die Zimmer waren großzügig und sahen aus, als könne man wunderbar in ihnen lernen. Ich mochte den Kraftraum und die Turnhalle. In jedem Raum mindestens ein Lächeln.
Mir wurde klar, dass ich mir mehr Förderung gewünscht hätte. Förderung in meinen Talenten. Eine Schule, in der ich mich entwickeln kann. Ich bin weder hochbegabt noch ein sportliches Ausnahmetalent, aber ich blühte stets dann auf, wenn jemand an mich glaubte und mich positiv forderte. Mein Deutschlehrer in der Oberstufe war gefürchtet, aber ich liebte seinen Unterricht, weil er anspruchsvoll und schwierig war. Ich kam an meine Grenzen, aber sie blieben nicht unerreichbar. Weil er Freude daran zeigte, wenn man sich Mühe gab. Das freute ihn aufrichtig. Und wenn man diese Grenzen gar erreichte, sprach er sogar Lob aus.
Mein Kunstlehrer hingegen schrieb mich irgendwann innerlich ab. Begabt: ja, Kunstgeschichte: sehr gut, aber nicht unter Druck kreativ. Das sagte er mir auch und ich glaubte es. Dabei stimmte das gar nicht. Er schätzte meine renitente Art falsch ein und riet mir von einem Kunststudium ab. In der praktischen BK-Abiarbeit haute es ihn aus den Socken. "Wenn es 17 Punkte gäbe, wären das 17", sagte er und das schlechte Gewissen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ich solle doch Kunst studieren, sagte er. Unbedingt! Er habe sich da geirrt. Zu spät. Der Mappenabgabetermin war verstrichen, und ich hatte mich bereits für Deutsch und Geschichte eingeschrieben.
In Geschichte das gleiche Spiel wie damals im Deutsch-LK: Ich schrieb mich für ein Sprachseminar in altfranzösischer Quellenkunde ein. Die Professorin eine Furie, wie sie im Buche steht - dennoch gerecht und fair. Ihre Strenge verbunden mit einer gut getarnten, aber ausgeprägten Menschenfreundlichkeit spornte mich zu Höchstleistungen an. Auch sie forderte uns. Und freute sich aufrichtig, wenn wir fehlerfrei oder zumindes kreativ übersetzten.

Aber es muss eben der Raum dazu da sein. Ohne das funktioniert es nicht. Ich weiß jetzt: Ich hätte viel, viel besser sein können. Schneller. Ich hätte direkter zum Ziel kommen können. Mehr Spaß entwickeln können. Wenn nur einmal ein Lehrer hinter meiner rotzigen und sturen Fassade die Langeweile erkannt hätte. Ich habe oft nicht verstanden, wozu ich das lernen soll und warum, wo doch jeder der Meinung ist, dass ich dazu kein Talent habe. Ich hatte innerlich aufgegeben. Vor allem in den Naturwissenschaften. Deshalb traute ich mich nach dem Abi jahrelang nicht an das Mysterium Computer heran. Ich wechselte sogar die Uni, weil mich das PC-Ausleihsystem in der Bib Heidelberg abschreckte. Ich dachte, ich schaffe das nicht. Bis ich mich irgendwann überwand und feststellte: Ich kann das ja! Nicht nur das - im Volontariat war ich layouttechnisch und in Punkto Technik und Computer immer bei den Besten.

Meine Schule mag ein anerkanntes Gymnasium gewesen sein, mit diesem typischen Intellektuellenstempel. Latein als erste Fremdsprache, musischer Schwerpunkt, blablabla. Mein Lateinlehrer war ein Sadist. Er quälte kleine Mädchen. Er machte ständig sexuelle Anspielungen und grinste die verängstigten Mäuse - ich war eine davon - dabei fies an. Ich fürchtete mich so vor ihm, dass ich einmal bei der Klassenarbeit nur heulte. Ein andermal wehrte ich mich und er schrie 40 Minuten lang mit mir herum. Er beschimpfte mich und uns auf die miesteste Art und Weise, beleidigend und erniedrigend. Er unterrichtet immer noch.
Mein Chemielehrer sagte vor der ganzen Klasse, ich sei nicht ganz dicht und sollte mir meine Gehirnströme untersuchen lassen. Mein Französischlehrer liebte es, mich wild gestikulierend in die Enge zu treiben und dabei noch meine französische Aussprache auf die Schippe zu nehmen, bis die ganze Klasse lachte. Irgendwann redete ich gar nicht mehr und es hieß, ich sei faul.
Mein Mathelehrer gab offen zu, gewisse Schüler - darunter auch mich - nicht leiden zu können und schikanierte uns, wann es nur ging. Das trieb er so weit, dass irgendwann sogar meinem Vater - seinem Kollegen - der Kragen platzte und er ihm vor versammelter Klasse eine Szene machte, die sich gewaschen hatte.
So war es also, unser humanistisches Gymnasium. Kopf auf, Wissen rein, Kopf zu. Klar gab es Ausnahmen. Aber was mich motivierte, zur Schule zu gehen, waren niemals die Lehrer oder der Unterricht, sondern höchstens ein paar gut aussehende Oberstufler. Dabei war mein Wissensdurst immer und jederzeit da. Ich las nicht, ich fraß meine Bücher geradezu; ich schrieb und malte, ich interessierte mich für Psychologie und Biologie. Ich hätte mir so viele Berufe für mich vorstellen können. Es gab so vieles, was ich wissen und lernen wollte.

Deshalb würde ich manchmal wirklich gerne zurück auf die Schulbank und alles anders machen. Nur ist mir gestern klar geworden, dass das ganz stark vom Umfeld abhängt und gar nicht mal so sehr von mir selbst.
Schule muss keine Quälerei sein. Schule muss keine Angst machen. Schule kann auch etwas sein, wo man als Mensch wahrgenommen und gefördert/gefordert wird.
Schade, dass ich das so nicht erleben durfte.

Dienstag, 7. März 2006

Es ist so weit

Ich glaube, es ist so weit. Während ich schlief, hat sich etwas verändert da draußen. Der Himmel hat eine andere Farbe bekommen. Klarer, aber auch weicher. Er wird diesig, ein Vorbote für viel, viel Wasser. Trotzdem kann man weiter sehen als vorher. Die Wolken haben neue Formen. Die Hügelketten der Eifel zeigen immer weniger weiß.
Auch meine Knochen, so seltsam das angesichts meines relativ jungen Alters klingen mag, sagen mir, dass sich da etwas tut. Fühle mich wie vor einer schweren Grippe (möglicherweise ist das auch so...). Aber meine Narbe spricht eindeutig: Wasser. Wasser, nicht Schnee.
Ich glaube, der Frühling kommt.

P.S. Und da soll noch mal einer behaupten, ich sei pessimistisch...

Montag, 6. März 2006

Richard Gere und ich

Heute Morgen war ich mal wieder erschöpft von dem, was mir nachts in meinem Träumen widerfahren war.
Beim Frühstück klabüserte ich in anstrengenden Monologen - Mammutjäger hörte artig zu und litt still - die Wirren dieser Träume auseinander und untersuchte sie auf Symbolik und Ursprung.
Ein Ursprung ist weitgehend geklärt. Im Traum ging ich eine Affäre mit meinem ehemaligen Chef ein - allerdings war er da noch mein Chef. Kompliziert? Oh, es wird noch wesentlich komplizierter. Obwohl diese Affäre schon fatal genug war. Denn auch im Traum gab es Mammutjäger, und vor allem gab es die Frau des Chefs. Und die hetzenden Kollegen. Und die Erkenntnis, dass ich jetzt ja nie mehr kündigen kann und schon gar nicht meinen eigenen Weg gehen... Außerdem fragte ich mich auch im Traum - wenn auch halbherzig - warum ich mich ausgerechnet von meinem Chef bezirzen lasse. Den mochte ich doch nie!
Nun, die Erklärung ist einfach: Er sah aus wie Richard Gere im Film "Die Braut, die sich nicht traut", den ich gestern Abend gesehen hatte, und das Fatale war: Er benahm sich auch so. Von meinem Chef hatte er lediglich Namen und Position; ansonsten: Richard. Charmant, Dackelblick, knackiges Hinterteil, reich und gut gekleidet. Ich war übrigens auch umwerfend in dem Traum. Wie so oft hatte ich Gegelenheit, hin und wieder die Perspektive zu wechseln und auf mich selbst zu schauen - und: Respekt. Elegant war ich, trug das Haar offen und zu dem schwarzen Rock hohe Riemchenschuhe; und als plötzlich all meine Klassenkameradinnen von früher auftauchten, wurde mir klar, wie viel besser und weiblicher und geschmeidiger ich doch aussehe als sie und wups, schmiss ich mich Richard an den Hals. Er war bezaubernd, das muss ich zugeben.
Doch dann kippte der Traum. Wir waren wegen unserer Affäre gefangen auf der Festung Ehrenbreitstein. Es regnete in Strömen, ich war klatschnass und hungrig und fror wie ein Schneider. Gut, dass Sascha von QVC in der Nähe Klamotten präsentierte, und so konnte ich mir heimlich ein paar der Rundumdehnbund-Hosen und extraweite T-shirts zusammensuchen, die meine Eleganz natürlich umgehend ruinierten. Aber Richard war immer noch verliebt in mich und das tröstete, zumal meine Haare nass und klamm am Kopf klebten. Ich verlor erst die Nerven, als ich aus versehen völlig abgestandenes und verdorbenes Wasser trank und zudem dringend mal Pipi musste. Auf der Suche nach einem Klo verwandelte sich Ehrenbreitstein in mein einstiges Gymnasium. Schon wieder!!! Dauernd muss ich zur Zeit nachts wieder zur Schule gehen... Ich fand aber nur Behinderten-, Jungs- und Lehrertoiletten. Weit und breit keine Mädchen-Toilette.
Dann wachte ich kurz auf, weil ich beim Zähneknirschen in meine Backe gebissen hatte. Aua.
Als ich wieder in den Traum zurück kehrte, hatte ich Ehrenbreitstein verlassen und hörte Nachrichten aus Koblenz, während ich mir überlegte, wie ich Richard wiedertreffe und das Mammutjäger erkläre. Doch die Schreckensbotschaft aus dem Radio lenkte mich ab: "Der Schlachter ist unterwegs nach Koblenz." An diesem Punkt stocken meine Erklärungsmodelle. Der Schlachter?? Wie, bitte, komme ich denn darauf? Hab ich da in der Morgensendung von Antenne Koblenz, die zu dieser Zeit schon dudelte, etwas falsch verstanden? Jedenfalls war der "Schlachter" ein mordender und metzelnder finsterer Reiter, der durch Städte zieht und die Leute zerhackt. Als ich im Traum fieberhaft überlegte, ob der Schlachter auch nach Neuwied kommt, schob sich mein Katerchen an mir vorbei. Oh Gott. In seinem Fell waren richtige Löcher, blutig, wie rausgeschlagen, aber immerhin lebte er noch... Und der Hund? Ich drehte mich um, und da lag er, zerhackt in drei saubere Stücke Shi-Tzu. Ich presste die vorderen zwei Stücke zusammen, als würden sie dann wieder aneinander wachsen, und tatsächlich tat er noch einen kurzen, röchelnden Atemzug, bevor das Blut nur so aus ihm herausquoll, warm und sprudelnd über meine Hände lief....
"Jetzt isses genug", unterbrach Mammutjäger mich bei dieser Schilderung. Ja, das hatte ich mir in dem Traum auch gedacht und bin aufgewacht. Wenige Sekunden später hätte der Schlachter mich ohnehin niedergestreckt.

Fassen wir also zusammen:
Ich bin eine völlig durchgeknallte, neurotische Kuh mit einer äußerst kranken Fantasie.

Und was habt ihr heute Nacht so erlebt...?

P.S. Aber Richard war wirklich niedlich!

Freitag, 3. März 2006

Lauf, James, lauf!

Heute Nacht um zwei - ich war mal wieder ins Gästezimmer ausgewandert, weil Hund und Herrchen zu viele Geräusche machten - zappte ich zufällig bei MTV rein und begriff schlagartig, warum James Blunt die Frauen schwach macht.

Ich muss zugeben, dass schon das erste Video mich sehr beeindruckt hat. Okay, nur die letzten Sekunden, dieser Sprung ins kalte Nordmeer. Er macht überhaupt keinen Sinn, dieser Sprung, aber er sieht so echt aus, und der Mann friert auch gar nicht, obwohl er in Eiseskälte im Sprühregen sitzt und sich auszieht, und wär mir jetzt erzählt, da sei alles ein Studio und ne lauwarme Regenmaschine und BlueScreen-Technik, der kriegt eins auf den Deckel!

Aber das zweite Video - - aaaaahhh, seufz... wie derMann läuft und rennt! Quer durch den grünen Wald, weiß der Geier wohin und zu welchem Zweck, aber - - diese Kraft! Diese Athletik! Diese Geschmeidigkeit! ;-)
Zusammengefasst: Dieser Mann hat eine sensible Fresse und einen schlanken (!) (denn wer möchte schon einen Hulk im Bett?) Körper aus Stahl. Die perfekte Kombination.
Das Singen ist ein netter Nebeneffekt. Bisschen zu viel Kopfstimme. Er dürfte für mich auch einfach die Klappe halten und durch den Wald rennen.
Das würde ich mir gut und gerne eine Stunde lang anschauen und ihm dann ein bisschen die Waden kraulen. Vorausgesetzt, er hat ein Deo benutzt. Aber James Blunt stinkt sicher nicht.

Den Rest meiner Schwärmerei für Blunt ist wohl mit der Erkenntnis zu erklären, dass er auf so einigen Bildern - vor allem auf diesem hier - meinem Mammutjäger verblüffend ähnlich sieht.
Vielleicht sollte ich den mal durch den Wald jagen. Rennen kann der nämlich auch gut.
Blunt2

Donnerstag, 2. März 2006

Schaut euch das an...

... es ist zu schön.... bitte den Ton aufdrehen!!
Hab mich hier grad eben schief gelacht - herrlich!

Blue Moon

Hat der Mond Einfluss auf den Menschen oder nicht?
Die Wissenschaftler sagen "Nein". Oder zumindest: "Kaum." Vielleicht ein gefühlter Einfluss, wie eben eine gefühlte Temperatur, jedoch kein tatsächlicher, statistisch nachgewiesener Einfluss. Aber bestimmt nicht auch das Fühlen unsere persönliche Realität?

Hat der Mond also nun Einfluss oder nicht?

Ich sage: Ja. Auf mich schon. Ich gehe weder nach den Mondphasen zum Friseur oder tanze zusammen mit hennagefärbten Emanzen zu meinem Menstruationszyklen die "Vollmondin" an (und das ist nicht meiner wilden Fantasie entsprungen, so etwas gibt es tatsächlich - der Mond ist wie auch Gott und Jesus selbstverständlich eine Frau und ein Zyklus pure Musik... und weibliche Oberlippenbärte bei entsprechend lesbischer, aber vor allem männerfeindlicher Grundprägung eine feine Sache - ich war da, mitten unter ihnen, weil ich darüber schreiben musste, und ich hatte Angst!!).
Aber ich spüre den Vollmond. Er macht meine Katze bekloppt und er macht mich bekloppt. Weil wir ihn wahrnehmen. Weil die Nacht heller ist als sonst, selbst wenn es bewölkt ist, und weil er so wunderbar rund und groß am Himmel hängt und ständig meine Blicke anzieht. Immer und immer wieder muss ich hinschauen.
Im Studentenwohnheim machten mich Vollmondnächte ganz kirre. Wer den Mainzer Campus kennt: Inter I, ja, das berühmt-berüchtige internationale Studentenwohnheim, ein hässlicher Turm, aus dem sich schon zwei Bewohner in den Tod stürzten, in dem heimliche Kurden-Versammlungen stattgefunden haben und in dessen einer Küche mal ein Schaf geschächtet wurde. Legendär ist auch die Kakerlaken-Plage. Ich hatte eine unter meinem Waschbecken, bevor der Kammerjäger kam und wir alle drei Tage lang Kopfschmerzen hatten.
Jedenfalls wohnte ich im zehnten Stock, also hoch über Mainz, und unser polnischer Hausmeister zog es vor, von Oktober bis März die elektrischen Rollläden abzustellen. "Isse zu gefährlisch bei die Sturm." Nun, damit hatte er nicht ganz unrecht. Das Inter I steht in einer Windschneise, und schon so manche Seminararbeit ist bei Durchzug aus dem Fenster gesegelt. Gegenüber war die Wagenburg, ja, Punks und Emanzen und sehr, sehr alternative Studenten in Zirkuswägen. Da konnte man von oben allerlei lustige Dinge beobachten. DIE tanzten bestimmt nachts die Vollmondin an.
Ich hingegen lag hellwach in meinen 11 Quadratmetern und hatte Angst, einzuschlafen, weil der Mond so unerbittlich ins Fenster schien. Was, wenn ich tatsächlich schlafwandelte und aufs Fensterbrett stieg? Das Fenster öffnete? Sprang?
Schon alleine wegen dieser Fantasien waren Vollmondnächte anders als die übrigen Nächte. Intensiver, da beängstigend. Bewusster eben.
Und ich glaube auch, dass es in der Tat etwas Besonders ist, wenn man bei Vollmond ein Kind zur Welt bringt. Laut Statistiken kommen nicht mehr Kinder bei Vollmond zu Welt als sonst. Aber den Blick zum vollen, großen, blauen Mond vergisst keine werdende Mama, wenn sie mit dem hysterischen werdenden Papa am Steuer ins Krankenhaus fährt.
Früher übrigens, das geben die Wissenschaftler sogar zu, hat der Mond wohl tatsächlich die Menschen beeinflusst. Denn es gab noch keine Licht-Verschmutzung und der Unterschied zwischen einer klaren Vollmondnacht und einer Neumondnacht war gigantisch. Wir wissen heute ja nicht mal mehr, was echte Dunkelheit ist.
Im Mondschein Liebe zu machen, kann ich nur empfehlen. Rein technisch ist es sicher nicht anders als bei Kunstlicht. Aber man bildet sich bei entsprechender Stimmung doch eine Menge ein, wenn der Vollmond sein blaues Licht auf das Bett schickt. ;-)

Ich mag ihn jedenfalls, den Mond. Ich bin schon extra mit dem Fahrrad gegen Abend raus in die Natur gefahren, um ihn besser beobachten zu können, wenn er aufgeht. Und habe ab und zu, wenn er mir nachts unverhofft auf der Autobahn begegnete, irre groß und manchmal blutrot, lieben Menschen eine SMS geschrieben, dass sie sich mal schnell den Mond angucken sollen.
Aber es kam nie eine Antwort.

P.S. An dieser Stelle ein Filmtipp: "Mondsüchtig." Nicolas Cage und Cher in ihren besten, schönsten Rollen. Daher auch mein Name. Weil ich diesen Film wirklich und aufrichtig liebe.

Dienstag, 28. Februar 2006

Asozial?

Ich habe kein Problem damit, Schinken vom Aldi zu essen. Etwas, was für meine Mutter indiskutabel ist. Nein, keinerlei Berührungsängste. Überhaupt hat Aldi einige leckere Sachen, die ich in anderen Märkten vergeblich suche; und meine Reitweste vom Lidl ist unschlagbar und anscheinend auch unkaputtbar.
Nur: Ich gehe nicht gerne dort einkaufen. Oder überhaupt in Supermärkten in Sozialen Brennpunkten, die sich hier in Neuwied nahtlos aneinander reihen. Im Grunde ist Neuwied ein einziger sozialer Brennpunkt. Und ich bemerkte heute erst am zweiten Regal, dass ich wieder in einem Sozialen-Brennpunkt-Supermarkt gelandet bin.
Es gibt zwei Gründe, weshalb ich nicht gerne in solche Supermärkte gehe. Zum einen, weil ich eine sehr feine Nase habe und Schweißgeruch anscheinend zur Innenausstattung von Aldi und Lidl gehört. Menschen mit beißendem Schweiß im Polyacrylpullover. Ich kann mich dann nicht mehr auf die Nahrungsmittel konzentrieren. Schon gar nicht auf den Gedanken ans gekochte Essen. Und kaufe nur noch Mist ein.
Der andere Grund wiegt aber viel schwerer. Ich kann die gescheiterten Existenzen, die sich da durch die Gänge nölen, schieben, rollen, schmuddeln, nicht ertragen. Denn das, was andere tun - einfach weggucken, sich distanzieren, sich über diese Menschen erheben - gelingt mir nicht. Überheblichkeit hängt immer mit Ignoranz und Distanz zusammen. Ohne das ist Überheblichkeit unvollständig. Ich habe keine Distanz. Ich denke zwar: "Oh bitte, nicht diese dicke Schleim hustende und nach Schnaps stinkende Oma mit den fettigen drei Strähnen auf dem Kopf und den Hausschuhen über der zerrissenen Nylonstrumpfhose hinter mir an der Kasse, das ertrage ich nicht, da kriege ich keine Luft mehr....", aber ich kann auch nicht wegschauen. Ich suche nach Erklärungen. Nach etwas Nettem, Liebenswerten. Ich versuche zu verstehen, warum man so wird und frage mich, ob ich davor gefeit bin, so zu werden. Was muss passieren, dass ich so werde? Wie schnell kann es gehen? Und: Kann man da wieder rauskommen? Könnte diese Assi-Oma - und ich mag das Wort Assi nicht - sich noch ändern? Merkt sie eigentlich, dass sie stinkt? Sieht sie die Flecken auf ihrem ausgeleierten Pullover? Schämt sie sich vielleicht? Was tut ihr weh? Spürt sie überhaupt noch etwas? Hat sie jemand, der sie liebt? Hat sie Kinder und was ist aus ihnen geworden? Haben sie ein besseres Leben? Oder empfindet sie ihr Leben vielleicht gar nicht als schlecht? Nehme ich das nur an, weil ich in einem Haus voller Bücher und Bildung groß geworden bin und denke, das ist ein Glücksfall? (Ist es nicht zwingend...) Und diese Frau mit dem Kopftuch und dem verhuschten Blick und dem weinenden Kind auf dem Arm, hat sie vielleicht Angst hier in der Fremde? Versteht sie etwas von dem, was gesprochen wird? Ist ihr bewusst, wie laut ihre Kinder sind? Vermisst sie die Länder, in denen Kinder laut sein dürfen und keiner deshalb schief guckt? Versucht sie Deutsch zu lernen? Oder verbietet es ihr Mann? Weil er Angst hat, dass sie zu stark wird? Ist das nun wieder unser westliches Klischee-Denken? Aber vielleicht wird sie ja geschlagen - sie sieht so traurig aus. Und welche Chancen hat der plärrende Kleine? Eingequetscht zwischen tristen Wohnblocks und unzähligen sozialen Stolperfallen? Begreift so ein Kind, wo es aufwächst? Oder ist das völlig unerheblich, so lange es geliebt wird?
Es ist ein Gedankenkarussell, das spätestens in der Kassenschlange rasende Fahrt gewinnt und sich dreht und dreht... Ich fühle mich unwohl und schäme mich für mein Hochdeutsch, wenn ich mit der Kassiererin rede. Ich hab das Gefühl, mir die Hände waschen zu müssen, und auch dafür schäme ich mich. Ich habe nur die Hälfte der Sachen gekauft, die ich eigentlich haben wollte, weil ich es nicht mehr aushielt. Es ist so traurig. Es ist zu viel, um es auffangen zu können. In diesen Momenten würde ich so gerne etwas bewirken, aber sobald ich wieder in unseren fußbodengeheizten 108 Quadratmetern mit Flussblick bin, lässt die Anspannung nach und ich werde wieder realistisch. Was kann ich schon ausrichten? Ändern? Ich kann höchstens darüber schreiben, mehr liegt nicht in meiner Macht. Und wenn ich nicht aufpasse, gehöre ich vielleicht bald selbst dazu. Es kann passieren, jederzeit, an jedem Ort.
Die Fahrt nach unten ist für alle offen.

Montag, 27. Februar 2006

Narren-Phobie

Seit einer knappen Stunde schneit es heftig und ich kann eine leise, schwelende Gehässigkeit in Gedanken an all die Narren, die hier heute noch die Straßen stürmen wollen, nicht unterdrücken. Auch, wenn ich jetzt im Rheinischen zu Hause bin: Es sei mir verziehen. Habe ich doch als kleines Mädchen ein echtes Narren-Trauma erlitten, das nach wie vor nicht ausgeheilt ist.
Wie an jedem Wochenende und in jeden Ferien waren wir auch an Fasching bei meiner Oma im Odenwald, in einem kleinen, beschaulichen Kurstädtchen am Neckar. Dort gehörte der Fasnachtsumzug zu den Höhepunkten des Jahres. Sonst gab es da nämlich nicht all zu viel. Vielleicht noch der Kuckucksmarkt im Sommer.
Was für manche die schönste Zeit des Jahres war, vor allem für Kinder, die endlich zu Cowboys, Indianern und Piraten werden konnten, war für mich ein einziger Horrortrip. Dank meiner überquellenden Fantasie war ich lange davon überzeugt, dass es Hexen, Feen, Zwerge und Kobolde gibt - - Mörder, Diebe und Halunken aber waren, da war ich mir sicher, garantiert eine Erfindung der Erwachsenen. Vor ihnen fürchtete ich mich nicht, wohl aber vor Hexen, Zwergen und bösen Feen. Ich spüre noch heute diese Panik im Nacken, die mich packte und schüttelte, als ich bei meinem ersten Faschingsumzug die vielen, hässlichen Hexen mit ihren langen spitzen (alemannischen) Fingern auf mich zulaufen sah. Oh Gott, weg, fliehen, sofort, warum bleibt Papa denn stehen, warum bleibt meine Schwester stehen, merken die denn nichts? Warum kapiert das keiner? Die werden uns alle verzaubern oder einsperren oder die Augen auskratzen, jedenfalls ganz bestimmt etwas Schlimmes, ich will weg, warum bringt mich keiner weg!!??
Nein, es brachte mich keiner weg, die Hexen kamen näher und näher und ich begann zu schreien wie am Spieß. Nun war das nichts Außergewöhnliches, wenn ich schrie. Ich schrie auch, wenn ich nicht mehr weitergehen wollte und legte mich dann gerne quer über den Weg, selbst im tiefsten Winter; ich schrie, wenn mir die anderen Kinder im Kindergarten zu laut wurden und besonders durchdringend schrie ich in dem winzigen Skischuh-Anziehraum au der Glösalm, der einfach grässlich eng und stickig war. Man lächelte also auch hier über mein Geplärre. Papa nahm mich zwar auf den Arm, aber zur Flucht war er nicht bereit. Ich musste sie ertragen, die Hexen, Jahr für Jahr, obwohl mir die Angst schon Stunden vor dem Umzug, beim Schminken und Verkleiden, eiskalt den Rücken hochkrabbelte.
Irgendwann kapierte ich, dass diese fürchterlichen Weiber nur so taten, als ob und nicht wirklich böse waren; und zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch verstanden, dass es tatsächlich Mörder und Diebe und Halunken gibt. Trotzdem war ich mir nachts nicht immer ganz sicher, ob sich da nicht doch eine böse Fee in meinen Jacken seitlich am Schrank versteckt. Sie würde da doch wunderbar auf mich lauern können.
Um ungetrübte Freude am Faschingstreiben zu entwickeln, war es zu spät. So ist es geblieben. Ich mag es nicht. Und inzwischen weiß ich durch die Arbeit für die Zeitung auch, dass für die Narren Fasnacht eine todernste Sache ist. Da werden Zeilen gezählt und mit den anderen Vereinsberichten verglichen, da werden Fotos ausgemessen und bei einem Hauch von Ironie zwischen den Zeilen mit einer Massen-Abo-Kündigung gedroht.
Insofern fiebere ich sehnsüchtig dem Aschermittwoch entgegen.
Fasching

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

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Das Ende der Leidenschaft
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