Gegen Morgen, als die Vögel schon zwitscherten, bin ich kurz eingeschlummert, und da träumte ich, ich würde versuchen, in mein altes Leben zurück zu kehren. Aber meine Schlüssel zu all den Wohnungen, in denen ich mal gelebt habe, passten nicht mehr. Die Briefkästen quollen über vor lauter Krimskrams aus meiner Vergangenheit. Briefe von Menschen, mit denen ich lange nichts mehr zu tun habe, alte Sonnenbrillen, verlegter Schmuck, Job-Unterlagen... Aber ich schaffte es nicht, sie aus dem Briefkastenschlitz zu ziehen.
Nur einen Brief von meinem Vater – mit aktuellem Datum.
„Du kannst mir nicht schreiben, du bist tot“, sagte ich und wachte auf.
Und mir wurde klar, dass der einzige Mensch, von dem ich wirklich und immer wusste, dass er mich liebt, nicht mehr da ist.
mondsüchtig - 12. Mai, 12:58
... ein wenig wehmütig ist mir immer zumute, wenn ich mich von einer Lieblingsjeans verabschieden muss. Am Wochenende war es wieder so weit. Es fing morgens an mit einer kleinen offenen Stelle über dem Knie und endete in einer klaffenden Wunde am frühen Abend. Es war eben nicht nur meine Lieblingsjeans gewesen, sondern auch die meines Katers, der zu gerne mit seinen dicken Pfoten auf meinen Oberschenkeln tretelte, wenn ich die Hose trug. Und er hat lange Krallen...
Zwei Jahre lang hat sie mich treu durch Alltag, Freizeit und Beruf begleitet. Die anderen Jeans waren nur unbedeutende Nebenhosen im Vergleich zu ihr, obwohl sie bis auf ihre hellgrünen Nähte ein weitgehend unspektakuläres Äußeres hatte. Blau eben, ohne Elasthan (!), leicht Bootcut, niedriger Bund, aber nicht zu niedrig, und vor allem von einem perfekten Sitz gesegnet. Das ist selten. Eine Jeanssuche ist bei mir immer eine hochdramatische und von Mammutjäger inzwischen gefürchtete Angelegenheit. Die meisten sind am Bund zu weit, und wenn sie am Bund und Hintern sitzen, sind die Hosenbeine zu kurz. Schon eine in meinen Augen suboptimale Anordnung der Arschtaschen kann für mich zu einem sicheren "Nein!" führen. Das wichtigste ist eben der Hintern in einer Jeans. Wenn der nicht gut aussieht, ist es keine echte Jeans und dann wird sie auch niemals meine Lieblingsjeans werden. No Chance.
In meiner zu Grabe getragenen Jeans habe ich einiges erlebt... Sie hat eine ganze Freundschaft überdauert; sie hat zwei Brückendates (ein geneigter Leser wird wissen, was ich meine...) mit Bravour gemeistert, in ihr wurde getanzt, gestritten und geküsst, ich trug sie zu schweren Stiefeln und FlipFlops, ich trug sie in Italien und Griechenland und bei zwei Bewerbungsgesprächen. Ich bin mit ihr auf dem Boot über die Wellen gehüpft, war mit ihr auf Fotosafaris und habe sie von samtigen Pferdemäulern besabbern lassen.
Leb wohl, du geliebtes Beinkleid... und gräme dich nicht, dass es bereits eine würdige Nachfolgerin gibt.
Ein Volltreffer. Extra lange Beine und ein Arsch-Sitz vom Feinsten. Mal sehen, was ich mit ihr so erlebe...
mondsüchtig - 24. Apr, 13:59
Inspiriert von Braveheart und langhaarigen, wilden Kerlen, die nacktbeinig über das schottische Hochmoor reiten, modelte ich Mammutjäger, während er an seinem Computer arbeitete, frisurtechnisch spontan zu William Wallace um.
Ich finde, es steht ihm gut.
Nun muss ich ihn nur noch überreden, einen Schottenrock zu tragen und mir überlegen, wie ich mich möglichst schnell in Sophie Marceau verwandele.
Letzteres dürfte der weitaus schwierigere Teil werden...

mondsüchtig - 18. Apr, 11:02
Irgendwie bin ich gestern Abend in diese ziemlich flache Stern-TV-Backstage-Reportage über Tokio Hotel auf RTL reingerutscht und nicht mehr rausgekommen, bis sie zu Ende war. Obwohl sie uns wirklich nichts Neues brachte. Kreischende Mädchen und dünne Jungs in viel zu großen, schlecht sitzenden Hosen.
Bemerkenswert fand ich allerdings die eine Aussage von Tom, als er nach seinen Schlafgewohnheiten gefragt wurde.
"Manchmal bin ich total müde, aber meine Seele geht nicht schlafen. Es dreht sich alles weiter."
Ich weiß genau, was du meinst.
"Meine Seele geht nicht schlafen." Wow. Macht einen Songtext draus. So lange es noch möglich ist.
mondsüchtig - 13. Apr, 17:54
... wie er hier mit wildem Blick eindrucksvoll unter Beweis stellt, eher nicht...

mondsüchtig - 12. Apr, 14:44
... dass ich satt werde, wenn ich mich endlich dazu entschließe, zu einem Jäger in die Höhle zu ziehen. So satt, dass ich Platons Schatten an der Wand sehnsüchtig anstarre und mir insgeheim wünsche, wieder draußen zu sein.
Dass ich bei jedem Drehen seines Schlüssels im Schloss kurz zusammenzucke und mich bei dem Gedanken ertappe, eigentlich noch ein paar Stunden länger alleine sein zu wollen. Dass ich es genieße, wenn er mal weg ist, für mehrere Tage, und ich all das machen kann, was ich früher für die Exklusivität des Alleinewohnens hielt. Vorm Fernseher essen. Laut Musik hören und durch die Wohnung hopsen. Nach dem Kochen abends alles stehen lassen, bis zum nächsten Morgen.
Aber stattdessen freue ich mich spontan, wenn ich das Geräusch des Schlüssels im Schloss höre und kann nicht verhindern, ein "Ich bin hie-er!" zu flöten, um ihn auch ja gleich zu mir zu lotsen und ihn dümmlich-selig anzustrahlen. Das passiert einfach. Ich kann nichts dagegen tun.
Und jetzt, wo er für ein paar Tage weg ist, machen diese ganzen Alleine-Sachen keinen Spaß.
Verdammt, ich hab 12 Jahre alleine gelebt, weil ich es nicht anders wollte. Ich hab wirklich Übung darin. Ich bin Profi im Alleineleben. Ich könnte Kurse geben. Eigentlich.
Verlernt man tatsächlich so schnell?
Mir macht das alles fürchterliche Angst.
mondsüchtig - 7. Apr, 11:09
Ich wunderte mich ein wenig, als ich träumte, ich würde langsam aus einem süßen, entspannten Schlaf aufwachen und neben mir im Bett Rokko Kowalski aus "Verliebt in Berlin" liegen sehen, der mich mit seinen pechschwarzen Zigeuneraugen anguckte.
Ich wusste nicht recht, was ich mit ihm anfangen sollte, und angesichts dieser Ratlosigkeit wachte ich schließlich auf.
Eine kleine Recherche im Internet half mir bei der Entscheidung, was ich mit ihm machen soll, falls ich ihm im Traum noch einmal begegne.

Ich koche ihm eine heiße Milch mit Honig.
mondsüchtig - 1. Apr, 13:21
... wenn sie andere vollführen und man staunend am Rand des Geschehens steht.
Die Reitermesse in Koblenz am Wochenende hat mir mal wieder deutlich gezeigt, wo meine Grenzen sind. Nämlich ganz, ganz unten. Aber schön war es.
Auch andere Grenzen wurden mir klar. Dass ich einfach nicht weiß, wie es sich anfühlt, wenn das eigene Kind einem immer wieder versonnen durch die Haare streicht und nichts lieber mag, als mit der Mama kuscheln. Wow, das muss sich toll anfühlen.
Tja, sollte ich also niemals eine Teufelsbrut auf diesen Planeten setzen, kann ich mein Leben ja den Pferden widmen (obwohl das eine das andere nicht ausschließt, aber man braucht ja wenigstens das Gefühl einer Ersatzbefriedigung). Diese Pasos hier - seufz - haben mich ganz wuschig gemacht. Und sie haben mehr als drei Gänge! ;-)

mondsüchtig - 27. Mär, 16:23
... mein Buch ist fertig.
120 Seiten schnurrten eben durch den Drucker und liegen hier noch ganz warm neben mir. Wobei mir schon schwant, dass das erst der Anfang einer langen, langen Geschichte ist, bei der unzählige Leute meinen, hier und da etwas verbessern oder verändern zu müssen. Das sind eben die Schattenseiten eines Autorenvertrags.
Nun, es ist "nur" eine Auftragsarbeit, zudem ein Sachbuch mit Dokumentationscharakter; ich denke, ich habe die nötige Distanz, um diese Kriteleien abschütteln zu können.
Mein Traum war freilich ein anderer. Dass ich endlich eines jener Bücher drucken lassen kann, die schon seit Jahren in meinen Schubladen vor sich hin gammeln.
Trotzdem ist es besser als nichts; und etwas anderes als das Schreiben für Zeitungen. Vielleicht ist es ja etwas länger als nur bis zum nächsten Morgen aktuell.
Stolz bin ich vor allem darauf, dass ich diese langen Recherchetage hinter mich gebracht habe in einer nicht gerade leichten Zeit. Traurig bin ich, dass Papa es nicht mehr lesen kann. Bisher hat er doch immer alle Seminararbeiten und auch meine Magisterarbeit von mir gegen gelesen, ohne mir jemals drin herum zu pfuschen.
Das wird das erste berufliche (!) Manuskript sein, das er nicht gegenliest. Schon seltsam. Ich hab gar niemand, der drüber liest. Es lastet alleine auf meinen Schultern. Meinem Mammutjäger hab ich einige Kapitel vorgelesen, er findet es gut - aber er spielt mit mir Steckerle, er MUSS es gut finden, wenn er das weiterhin tun will. ;-)
Aber wie gesagt - - da werden noch etliche mehr oder weniger wichtige Menschen ihren Senf dazu geben.
Meine größte Angst: Dass es ein Griff ihns Klo ist. Dass ihnen mein Stil nicht gefällt. Es zu locker geschrieben ist, zu wenig Schwere hat. Sicherlich wird es manchen der erwähnten Lehrern nicht gefallen, sicher werden sie irgendetwas finden, von dem sie meinen, es werde ihre Schule in den Ruin treiben.
Nein, wird es nicht. Aber den Leuten, vor allem Lehrern, diese Angst zu nehmen, ist mitunter sehr schwierig.
Naja, wir werden sehen. Jetzt muss ich erst mal meine Kopfschmerzen kurieren und mich damit auseinander setzen, dass wir draußen über 20 Grad haben. Meine Narbe hat dies schon getan und lässt mich seit gestern in Oma-Haltung durch die Wohnung eiern. Autsch.
mondsüchtig - 27. Mär, 16:14